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Traurige Tatsachen aus der Praxis

Anekdoten einer Zoofachverkäuferin zum Thema Tierhaltung

Die letzten Wochen waren geprägt von kritischer Berichterstattung zum Thema „Haltung von (wilden) exotischen Tieren in Hessen“ oder „(nicht) artgerechter Tierhaltung“, etc. In diesen Tagen erreichte die Scalare-Fulda-Redaktion die E-Mail einer Verkäuferin, die seit vielen Jahren im Zoofachhandel tätig ist. Ihre Gedanken und Erfahrungen zu diesem aktuellen Thema sind äußerst interessant zu lesen aber auch wirklich erschreckend.

Hier spiegelt sich der Alltag in deutschen Zoofachgeschäften wieder und das Verhalten einiger Tierhalter, die eigentlich die Bezeichnung „Tierverbraucher“ verdienen. Aber auch hier gilt, daß man nicht alle Tierhalter „in einen Topf werfen“ darf. Bei den kritischen Gedanken der Verkäuferin handelt es sich um Erfahrungen und Erlebnissen aus der Praxis. Es sind keine theoretischen Kommentare, wie wir sie oftmals in letzter Zeit von selbsternannten „Tier- und Naturschutz-Experten“ lesen konnten.

 
Anekdoten und kritische Gedanken einer Zooverkäuferin

------„Ich hätte gerne einen roten und einen schwarzen Fisch!“
Das war der Wunsch einer Kundin in einer Fuldaer Zoohandlung! Auf die Frage der Verkäuferin nach Art und Aquarium an die Kundin bekam sie die Antwort: „Das weiß ich auch nicht! Ich habe ein neues Bad, das ist in rot und schwarz eingerichtet, da möchte ich gerne auf die Fensterbank ein Glas stellen mit einem roten und einem schwarzen Fisch!“

------„Guten Tag, ich hätte gerne einen Fisch, der keinen Sauerstoff braucht!“
Durch Hinterfragen kam heraus: Der Mann hat selbst ein Geschäft und wollte in sein Schaufenster eine alte Ballonflasche stellen, in der eben so ein Fisch schwimmen sollte!

------Kunde: „Hallo, können sie mir sagen welche Fische zusammen passen?“
Verkäuferin: „Sicher kann ich Ihnen das sagen! Welche Fische haben sie denn schon in ihrem Aquarium?“ Kunde: „Ja das weiß ich auch nicht, so welche mit Streifen halt“

------„Guten Tag, meine Fische sind alle „kaputt gegangen“, jetzt brauch ich neue!“

------„Guten Tag, wie lange „halten“ denn die gelben Fische da?“

------„Wenn ich die in ein kleines Glas setze bleiben die Schildkröten doch so klein, oder?“

Solche „Sachen“ erlebe ich ständig, wenn ich zur Arbeit gehe! Es ist wirklich erschreckend mit welchen Vorstellungen manche Leute ein Lebewesen bei sich aufnehmen.

Jede Unterhose wird mit mehr Verstand gekauft, als viele Tiere. Da schaut man erst aufs Wäscheetikett bevor man sie in die Waschmaschine stopft! Keiner nimmt ein Elektrogerät in Gebrauch ohne vorher die Bedienungsanleitung zu lesen. Bevor ein neues Auto gekauft wird, werden tausend Prospekte durch gewälzt.

Okay, vielleicht hinken die Vergleiche ein bisschen hinterher, aber im Prinzip ist das so.

Und dann wird immer die Schuld auf die Verkäufer geschoben! Jeder Mensch ist doch für sein Handeln selbst verantwortlich. Wenn ICH ein Tier kaufe, muss ICH mich doch VORHER darüber informieren, wie es behandelt werden will und was es braucht. Sicher kann das auch in einer kompetenten Zoohandlung geschehen, aber das reicht doch nicht aus! Dazu fehlt ganz einfach auch die Zeit, man kann in 20 Minuten nicht die Aquaristik erklären! Wie oft muss ich feststellen, dass viele Kunden gar nicht zuhören, wenn ich über die Bedürfnisse eines Tieres „predige“. Ja, so komme ich mir manchmal wirklich vor.

------Ein Buch? „Ach ne danke, mein Neffe hat mal ein Aquarium gehabt, der kennt sich aus.“
Warum hat denn der Neffe kein Aquarium mehr? „Lief nicht so gut!“

Und beim nächsten Besuch noch mal das gleiche, weil sie eh wieder alles vergessen haben.

Kürzlich hörte ich in unserer Ausstellung wie ein Gast sich mit einem unsere Mitglieder unterhielt: „Hätte der mir das im Zooladen nicht sagen müssen?“ Die Antwort hätte ich genauso gegeben: „Also eigentlich sollte man sich schon vorher selbst informieren, wie das Tier gehalten werden muss!“

Durch die vielen „Stammkunden“ hat man in etwa eine Ahnung davon, wie viele Zierfische verbraucht werden. Jawohl, nicht gehalten, sondern verbraucht! Sehr viele Kunden haben von ihren Wasserwerten keine Ahnung, wollen dann aber von mir wissen, warum die Fische „kaputt gehen“. Diese Ausdrucksweise zeigt doch schon, dass die wenigsten das Tier als Lebewesen betrachten, sondern wie einen Dekorationsgegenstand, der eben „kaputt geht“ wenn er herunter fällt.

Und das sind mündige, verantwortungsbewusste Mitbürger!

Nein, natürlich sind nicht alle Kunden so, aber leider doch sehr viele. Glücklicherweise kommt dann aber immer mal wieder jemand (oft ein Kind!!!) vorbei, mit dem man fachliche Gespräche führen kann, das Bescheid weiß über seine Parameter und auch die Namen der Fische und Pflanzen nennen kann, die in seinem Aquarium leben. Da schöpfe ich dann wieder Hoffnung.

Und jetzt dieses Gesetz gegen die Haltung gefährlicher Wildtiere. Sicher gibt es auch hier genug schwarze Schafe, wo gibts die nicht?

------„Die Giftzähne sind doch gezogen, oder“
Aber immerhin hat man die Möglichkeit mit seinen Spinnen ein paar Kilometer weiter nach Bayern oder Thüringen zu ziehen, da das Gesetz ja nur für uns Hessen gilt. Soweit sollte die Tierliebe schon reichen!

Dem Tierschutz kann das nicht dienen, wenn sogar Nachzuchten verboten sind. Soll ich dann unbeabsichtigten Nachwuchs töten? „Nur“ dem Menschenschutz, der sicherlich auch wichtig ist, gerade bei solchen Tieren. Aber die Erfahrung zeigt, dass die Leute die eine Spinne oder eine Schlange kaufen, meistens wesentlich besser informiert sind. Was sicherlich in der Gefahr für die eigene Gesundheit, aber auch im höheren Anschaffungspreis zu begründen ist, denn wer tiefer in seinen Geldbeutel greifen muss, der überlegt vorher meist genauer. Und bei einem Fischchen für 99Cent braucht man nicht mal die Klospülung zu bemühen.

------„Boah, sind die Schildkröten teuer! Die gab´s doch früher für 5 Mark“
Gott sei dank sind diese Zeiten vorbei, als auch Landschildkröten verbraucht wurden. Ich weiß, auch hier gibt es noch unrühmliche Ausnahmen, leider!

Oft kommt es vor, dass ich ein ungutes Gefühl oder gar ein schlechtes Gewissen habe, wenn ich ein Tier verkaufen muss. Aber ich bemühe mich und predige weiter!

Vielleicht sollte man zwangsweise von jedem potenziellen Kunden einen Sachkundenachweis/Tierführerschein oder ähnliches verlangen können und den Besitz eines Fachbuches über die gewünschte Tierart!

ABER DANN WÄRE ICH SICHER BALD ARBEITSLOS!

 
Anmerkung der Scalare-Fulda-Redaktion: Die Zoofachverkäuferin, die diese Gedanken und Anekdoten verfasst hat möchte namentlich nicht genannt werden. Deshalb übernehmen wir als Webseitenbetreiber Verantwortung für die gemachten Aussagen – Aussagen und Fakten, über die man mal nachdenken sollte...!

Unser Landespolitiker, die sich viele Gedanken zu diesem aktuellen Thema gemacht haben und eng mit den Natur- und Tierschutzverbänden zusammenarbeiten, sollten überlegen, in eine entsprechende Arbeitsgruppe Menschen mit aufzunehmen, die das Thema aktiv erleben. Das sind zum einen diejenigen, die an der Basis stehen – so wie die Zoofachverkäuferin – und zum anderen die Aquarianer und Terrarianer, die viele Jahre Erfahrungen in der Haltung von (exotischen, „wilden“) Tieren gesammelt haben. Dann bestünde die Chance, daß man Wege und Lösungen zum vernünftigen Umgang findet und nicht mit „radikalen“ Beschlüssen kompromisslos entscheidet. Verbote fördern manchmal illegale Handlungen (z. B. das exotische Tiere trotzdem „orgnisiert“ und gehalten werden) und gut durchdachte Mittelwege können Chancen für die Zukunft bieten.

Wir, die Fuldaer „Scalare“, bleiben auf jeden Fall am Thema dran!

 

Die Fotos zeigen eine Reihe beliebter Zierfische, die im Zoohandel angeboten werden. Bei den meisten Arten handelt es sich um Nachzuchten (Fotos: Sven Haustein)

   


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